So helfe ich meinem Schulkind

aus: Gustav Keller/B. Thewald  „So helfe ich meinem Schulkind“  3/98; Quelle & Meyer 1986  zusammengefasst von Rita Binder

 

 

S.11             Es gibt drei Verstärkerarten:

                       1. soziale Verstärker           Blicke, Worte, Gesten (Umarmung...)

                       2. Aktivitätsverstärker       Belohnung durch eine angenehme Tätigkeit (Spiel,   

                       Kino, Ausflug ...)

                       3. materielle Verstärker      Sachen oder Geld (umstritten)

Folgt auf ein Verhalten eine positive Konsequenz, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder gezeigt wird. Dabei wird nicht nur das Verhalten selbst verstärkt, sondern auch die zugrunde liegende Motivation.  

Das erwünschte Verhalten sollte sofort nach seinem Auftreten verstärkt werden. Verstärkungen müssen ehrlich gemeint sein und nicht routinemäßig auftreten.

Durch hartes, gar als ungerecht empfundenes Strafen kann der Erzieher beim Kind große Angst erzeugen.

Strafe bewirkt eine Unterdrückung des unerwünschten Verhaltens. Sozusagen aus Angst vor der Strafe lässt das Kind zwar manches bleiben, zeigt es aber an anderer Stelle. Kinder, die geschlagen werden, wirken oft „verschlagen“, das heißt, sie leben ihre Aggression und Wut an anderen, schwächeren Kindern aus.

                        Dies bedeutet jedoch nicht, dass man alles durchgehen lassen soll, was das Kind  

                       an negativem Verhalten zeigt. Es bedeutet nur, dass das erwünschte Verhalten 

                       nicht selbstverständlich ist, sondern dass  es beachtet werden muss.

         

          Der kleine wachsende Sämling einer schönen Blume muss viel gegossen werde,  

          das Unkraut nicht, es kommt von alleine.

          Damit es aber nicht wuchert, sondern verschwindet, um den Blumen Platz zu

          lassen, muss man auch etwas tun.

 

S.15 ff:           Ermutigung in schlechten Zeiten:      

Mögliche Ursachen für Leistungsverschlechterungen oder sogar Lernversagen:

Krankheit, Pubertät, familiäre Spannungen, Scheidung, Verlust eines geliebten Menschen oder Tieres, ferner Umzug oder Lehrerwechsel

Nach einer Reihe entmutigender Erfahrungen kommt der Schüler leicht in eine resignative Stimmung.

Negative Bemerkungen von den Eltern oder vom Lehrer werden vom Schüler im Laufe der Zeit verinnerlicht. Sie hemmen den schon geschwächten Schüler und verschlechtern sein Lernverhalten.

Sie wirken sich oft als „selbst erfüllende Prophezeiungen“ aus: „Wenn ich schon unkonzentriert und dumm geschimpft werde, dann verhalte ich mich halt auch so.“

Generell gilt, dass ein Schüler in der Situation des Versagens Verständnis und Unterstützung braucht. („Verlier den Mut nicht, die nächste Arbeit wird vielleicht wieder besser!  -  Wie kann ich dir helfen?“) Lehnt das Kind die Hilfe ab, nicht böse werden!

Ermutigung erfordert vom Erzieher großes Einfühlungsvermögen.

Sicher ist Verständnis für die Enttäuschung besser, als so zu tun, als wäre nichts geschehen. Und sicher ist es falsch, gleich bei den ersten Misserfolgen die Hoffnung auf eine Versetzung aufzugeben
 

S.18 ff:       Feste Grenzen

                  Nicht nur positive, sondern auch negative Verhaltensweisen können durch   

                  Verstärkung gelernt werden. Zum Beispiel erhält das Kind durch Schimpfen und

                  Ermahnen oft die gewünschte Zuwendung und Beachtung. Diese Erfahrung trägt

                  dazu bei, das unerwünschte Verhalten immer wieder auftreten zu lassen!

Oft reicht es aus, negative Verhaltensweisen durch Nichtbeachtung, das heißt, durch konsequent und regelmäßig ausbleibende Verstärkung, zum Verschwinden zu bringen.

Das geschieht vor allem dann, wenn das erwünschte Verhalten positiv verstärkt wird!

Beispielweise hören Sie dem Kind solange nicht zu, wie es schreit, sondern erst dann, wenn es ruhig spricht. Dabei dürfen Sie es für das Schreien natürlich nicht tadeln, sondern schenken ihm erst dann Ihre Aufmerksamkeit, wenn es ruhig spricht. „So spreche ich lieber mit dir!“

Häufig ist es auch besser, klare Abmachungen zu treffen, zum Beispiel, wenn es um das Aufräumen geht. Die müsste beinhalten, wann was wohin geräumt werden soll, und was es für Konsequenzen gibt, falls das nicht geschieht. Macht das Kind nämlich die Erfahrung, dass die Mutter die Sachen sowieso morgens wegräumt, lernt es nicht, dies selbst zu tun - und es wird Sie vielleicht auch nicht mehr ernst nehmen!
 

S.21 ff:       Erziehung zur Selbständigkeit

 

Häufig wird von den Eltern erwartet und sogar gefordert, dass ihr Kind regelmäßig Hausaufgaben bekommt. Ist das der Fall, dann wird wiederum von den Lehrern erwartet, dass die Eltern ihr Kind bei den Hausaufgaben unterstützen. Nicht immer wird dabei aber von den Lehrern gesagt, wie diese Mithilfe aussehen könnte.

Das hat oft zur Folge, dass gerade die Mithilfe bei den Hausaufgaben oder auch „freiwillige“ Zusatzübungen bei den Kindern Unkonzentriertheit im Unterricht hervorruft.

Wenn ein Schulkind weiß, dass ihm gewöhnlich die Mutter am Nachmittag bei den Hausaufgaben hilft, ist es nicht so notwendig, auf alles im Unterricht aufzupassen - denn es kann ja die Mutter fragen, wie es geht. Sie erklärt die Aufgabe, rechnet sie vielleicht sogar manchmal vor oder wenigstens nach, und der Vater weiß am Abend dann vielleicht noch einen schnelleren Rechenweg!

Dann kann man ja in der langweiligen Mathestunde lieber dran denken, mit wem man heute Mittag spielen könnte oder was im Fernsehen wohl kommt.

Ein Schüler, der lernen durfte, selbständig zu arbeiten, hat mehrere Vorteile - vor allem profitiert sein Selbstbewusstsein davon!

Schon kleine Kinder sind sehr stolz darauf, wenn ihnen etwas alleine und ohne fremde Hilfe gelungen ist. Auch als Erwachsener fühle ich mich doch besser, wenn ich keine fremde Hilfe brauche!

Genauso geht es einem Kind, das ja erst auf dem Weg ist, sein Selbstbewusstsein aufzubauen! Dieses Selbstvertrauen in seine eigenen Fähigkeiten ist für ein Kind umso notwendiger, ja weiter es in seiner Schullaufbahn voranschreitet.

Ein weiterer Vorteil des selbständigen Arbeitens zeigt sich dann in den weiterführenden Schulen. Oft bekommt das Kind dann viele, auch für die Eltern neue Fächer. Dann ist es gut, wenn es gewöhnt ist, alleine zu arbeiten.

Es hat sich gezeigt, dass Kinder, denen bei den Schulaufgaben zu viel geholfen wird, Ängste bei Klassenarbeiten entwickeln. Während des Tests sind sie alleine auf sich gestellt, und oft spüren sie den Druck, es besonders gut machen zu sollen, weil ja die Mutter so viel mit ihnen geübt hat und die Kinder sie nun nicht enttäuschen wollen!

Die Angst macht das Kind noch unsicherer, und es kann sogar zu so genannten „Lernblockaden“ führen. Unter Stress werden beim Menschen Hormone freigesetzt, die Denken und Lernen sehr beeinträchtigen können!

Jede/r, der seinen eigenen Kindern schon bei den Hausaufgaben geholfen hat, kennt die Erfahrung, dass er/sie dabei nervös wurde oder gar die Geduld verlor. Bei den eigenen Kindern gelingt es weniger gut, die nötige Geduld aufzubringen, weil zuviel auf dem Spiel steht.

Unbewusste Wünsche („Die Kinder sollen es einmal besser haben“) oder Ängste („Er/Sie wird doch hoffentlich keine Schwierigkeiten beim Lernen haben!“) oder „Heute kann man ja ohne gute Noten keine Lehrstelle mehr bekommen!“ verhindern es häufig, den Kindern gelassen und ruhig helfen zu können.

Diese Sorgen verhindern aber auch das richtige Handeln, den sonst könnte man ja, um solche Spannungen zu vermeiden, die Kinder in Ruhe und selbständig ihre Arbeit machen lassen! Man hätte sogar noch den Gewinn, mehr Zeit für sich selbst zu haben, anstatt oft stundenlang bei den Hausaufgaben zu sitzen!

Nur wenn es gelingt, die eigenen, meist unbewussten Motive zu erkennen, kann man diesen Teufelskreis durchbrechen!

  • Geht die Angst vor dem Versagen des Kindes vielleicht noch weiter?

  • Fühle ich mich in meiner Mutterrolle als Versagerin?

  • Oder tut dieses Gefühl, dass mich meine Kinder brauchen so gut, dass ich gerne daneben sitze?

  • Oder habe ich ein starkes Bedürfnis, alles zu kontrollieren, was die Kinder machen, weil ich mir nur dann sicher bin, dass ich mir später nichts vorzuwerfen habe?

  • Möchte ich vielleicht eine bessere Mutter sein, als es die eigene war?

  • Oder denke ich womöglich, ich selbst hätte einen besseren Schulabschluss erreicht, wenn mir jemand geholfen hätte?

Auch beim Kind können unbewusste Motivationen vorliegen, die es trotz des Ärgers und Schimpfens die Anwesenheit der Mutter oder des Vaters suchen lässt:

Ist dies vielleicht die einzige Chance, die Aufmerksamkeit und Zuwendung der Eltern zu bekommen? (Geschwisterkinder, Ruhe nach der Arbeit, eigene Interessen...)

Das Kind lernt schnell, wie es sich die notwendige Aufmerksamkeit verschaffen kann und wendet die erfolgreichste Methode immer wieder an!

Es wäre auch zu überlegen, ob das Kind deshalb so lange bei den Hausaufgaben bleibt, weil es nicht weiß, was es hinterher tun soll. (Vielleicht hat es keine Freunde oder es ist unbeliebt, vielleicht will es sich draußen nicht schmutzig machen...?)

All diese Motive und auch andere können so stark sein, dass Eltern, obwohl sie eingesehen haben, dass es ungünstig ist, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen, es dennoch weiterhin tun.

Auch das Argument, dass Lehrer die Mithilfe bei den Hausaufgaben erwarten, sollte nicht dazu führen, dass Sie es tun!

Besser ist es, genau zu hinterfragen, welche Art von Mithilfe er/sie darunter versteht!

Schließlich macht das Kind die Hausaufgaben zur Vertiefung oder Übung des Gelernten und nicht für die Eltern!

Hilfen braucht das Kind allerdings bei der Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen für das Lernen, und da können die Eltern schon einiges tun, damit ihr Kind optimal selbständig arbeiten kann!

 

Gesunde Lebensweise

Richtige Ernährung, genügend Bewegungsmöglichkeiten, eine sinnvolle Freizeitgestaltung und ausreichend Schlaf sind Grundvoraussetzungen für die gesunde Entwicklung des Kindes.

  •         hoher Kalziumbedarf kann gedeckt werden durch Milch und Milchprodukte

  •         Hauptenergiequelle für Kinder mit ihrem lebhaften Stoffwechsel sind Kohlehydrat        (Brot, Haferflocken, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Obst)

Kinder brauchen viel Flüssigkeit! Je jünger das Kind, desto höher sein Flüssigkeitsbedarf (bezogen auf das Körpergewicht)

Fernseherlebnisse, auch Fernsehnachrichten belasten Kinder mehr als wir denken. Für uns ist der Kriegsschauplatz weit weg, nicht aber für das Kind! Fernsehen kann auch Schlaf stören.

Die Zeitspanne zwischen Fernsehen und Schlafengehen sollte so lange sein, wie die letzte Sendung dauerte, die angeschaut wurde. Nur so kann sich das Kind abreagieren.

 

S. 32 ff       Eine günstige Lernumwelt schaffen

Erziehung zur Selbständigkeit bedeutet nicht, dass man die Kinder vom ersten Schultag an sich selbst überlassen soll.

Eine Einführung in das selbständige Arbeiten ist notwendig.

Um die Lernumwelt des Kindes so günstig wie möglich zu gestalten, sollte das Kind einen eigenen ruhigen Arbeitsplatz haben. (Bei einer kleinen Wohnung vielleicht sogar im ruhigen Schlafzimmer- es wird sowieso nur wenig genutzt!) Dieser Tisch sollte genügend Ablagefläche für Hefte, Stifte, Schere usw. haben, damit nicht mit der Suche nach diesen Hilfsmitteln gleich der erste Arbeitseifer verpufft!

Der Arbeitsplatz sollte auf jeden Fall frei von Spielsachen sein, damit das Kind lernt, klar zu trennen zwischen den Bereichen Arbeit und Spiel.

Ablenkende Dinge wie Fernseher, Computer, Kassettenrecorder oder Spielsachen sollten nicht im Blickfeld stehen.

Das Licht sollte beim Rechtshänder möglichst von links, beim Linkshänder von rechts kommen.

Günstig ist auch, wenn der Schulranzen gleich nach der Erledigung der Hausaufgaben für den Stundenplan des folgenden Tages gepackt wird.

Das Kind sollte während der Erledigung seiner Arbeit nicht gestört werden!

Zur richtigen Einteilung der Arbeit gehört auch, dass das Kind lernt, sinnvoll Pausen zu machen. Phasen der Anspannung müssen solche der Entspannung folgen. Ein Grundschulkind kann sich maximal 20 bis 30 Minuten konzentrieren.

Die Pausen sollten, wenn die Arbeit länger dauert, auch länger werden. Sie reichen von einer kurzen Arbeitsunterbrechung ( Zurücklehnen, aus dem Fenster schauen...) über so genannte „Minipausen“ nach 30 Minuten (Aufstehen, Fenster öffnen und frische Luft schöpfen ...) zu längeren Erholungspausen nach einer Stunde Arbeit. Wichtig ist es, generell auf das Raumklima zu achten. Verbrauchte und zu stark erwärmte Luft verursacht Ermüdung und das Sinken der Konzentration. Musik- oder Kassettenhören gehört in die Entspannungsphase!

So wichtig wie die äußere Gestaltung der Lernbedingungen ist die  innere. Darunter fällt alles, was mit der Einstellung der Eltern zum Lernen des Kindes zu tun hat! Zeige ich Interesse an seinen Schulerlebnissen, seinen Lernfortschritten oder schimpfe ich meist nur bei schlechten Leistungen?

Interesse äußert sich beim Zuhören, wenn das Kind von der Schule erzählt. Doch sollten Sie Ihr Kind nicht zum Erzählen drängen, viele Kinder brauchen erst den Abstand zum Schulalltag.

Doch jedes Kind spürt, ob die Eltern für seine Schule Interesse haben oder nicht. Dies gilt vor allem auch für die Väter - ein ermunterndes Wort vom Vater kann oft sehr hilfreich sein! Auch der gemeinsame Besuch von Elternabenden oder Schulveranstaltungen zeigt dem Kind Ihr Interesse.

Ein Kind lernt sehr viel während seiner Kindheit. Loben Sie es für alles, was es schon geleistet hat und täglich leistet und ermutigen Sie es dort, wo es noch Unterstützung und Übung braucht!

 

 

 

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